Gerade in Zeiten von Corona mit ihren Einschränkungen für alle und den finanziellen Einbußen für viele Bürger*innen und Geschäftsleute wäre es aber sehr wichtig, dass Politiker*innen verständlich und nachvollziehbar kommunizieren. Darum wird die Studie der Universität Hohenheim in Stuttgart zu einem guten Zeitpunkt veröffentlicht.
Die Kommunikationswissenschaftler haben alle 1.362 Pressemitteilungen der Bundesregierung zum Thema „Corona“ analysiert, die zwischen März 2020 und Januar 2021 erschienen sind. Mit einer Analyse-Software erfassten sie Stilmerkmale, die Schwerverständlichkeit verursachen. Dies sind Fremdwörter und Fachwörter, zusammengesetzte Wörter und erfundene Wörter, Anglizismen, lange Bandwurmsätze und Passiv. Anhand dieser Merkmale bilden sie den „Hohenheimer Verständlichkeitsindex“ (HIX). Er reicht von 0 (schwer verständlich) bis 20 (leicht verständlich).
Mit einem Verständlichkeitsindex von 7,4 sind die Pressemitteilungen der Bundesregierung relativ unverständlich (HIX= 7,4). Den unrühmlichen letzten Platz belegt das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (HIX= 4,9). Hingegen schneiden die Pressemitteilungen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur am besten ab (HIX= 9,7), aber sie liegen trotzdem noch weit entfernt von einer wünschenswerten Verständlichkeit.
Die Forderung nach verständlichen Texten in Politik und Verwaltung besteht bereits seit vielen Jahren. Darum muss man sich fragen, warum sich bislang wo wenig zum Besseren verändert hat. Hierzu macht die Studie keine Aussagen. Doch man kann vermuten, dass es entweder die persönliche Unfähigkeit von Politiker*innen oder deren Ignoranz gegenüber den Bürger*innen ist. Beides ist gleichermaßen ärgerlich, auch wenn es nicht aus böser Absicht geschieht. Oder aber Politiker*innen kommunizieren bewusst unverständlich, um sich vom „gemeinen Volk“ abzugrenzen oder gar aus Gründen des Machterhalts gemäß der Regel: „Wer meine Aussagen nicht versteht, kann sie nicht hinterfragen und mich nicht fundiert kritisieren.“ Das klappt auf jeden Fall – führt aber zu Politikverdrossenheit und Misstrauen gegenüber Politik und Verwaltung. In Zeiten von Corona ist dies noch schlimmer als sonst.
Studie: https://www.uni-hohenheim.de/uploads/media/Studie_Corona.pdf